Qingdao liegt an der Küste der Provinz Shandong am Gelben Meer im Norden Chinas. Im Winter kann es schneien, die Sommer sind sehr warm und mediterran.
Winterstimmung in Qingdao
Malerische Küstenlandschaften, Bier und Architektur aus der Kolonialzeit sind die bekanntesten Merkmale der Stadt, deren Geschichte eng mit dem Einfluss des Deutschen Kaiserreichs im späten 19. Jahrhundert verbunden ist. 1898 wurden die Stadt und ihre Umgebung vom Deutschen Reich gepachtet und dienten als Marinestützpunkt und Handelshafen. Während dieser Zeit wurde aus dem Fischerdorf eine Stadt, die von dem damals beliebten Architekturstil der Gründerzeit geprägt wurde.
Auch das Bier kam während dieser Zeit nach Qingdao. Die Tsingtao-Brauerei wurde 1903 von deutschen Braumeistern gegründet, ist heute die zweitgrößte Brauerei Chinas und eine der größten weltweit. Gebraut wird nach deutschem Reinheitsgebot. Außerdem findet in Qingdao das Internationale Bierfestival statt, das jedes Jahr Besucher aus der ganzen Welt anzieht.
St.-Michael-Kirche
Qingdao - eine Stadt aus dem Kaiserreich
In den wenigen Jahren von 1898 bis 1914, in denen Qingdao deutsches Pachtgebiet war, wurde eine Menge gebaut. Das historische Qingdao besteht nicht nur aus einigen wenigen Straßen, sondern hat die Ausmaße einer Kleinstadt.
Die Bebauung erinnert an Elberfeld, ein Stadtteil Wuppertals mit umfassender gründerzeitlicher Bebauung. Ähnliche Villenviertel der Gründerzeit gibt es auch in Bonn, Aachen, Wiesbaden usw., aber in Elberfeld kommt die hügelige Topographie hinzu. Straßen sind nicht selten durch Treppen miteinander verbunden, Villen wirken wie in die Hänge eingestreut und sind von altem Baumbestand umgeben.
Wilhelminische Villen in Qingdao.
Treppen führen mancherorts nach oben in schöne Wohnviertel.
Von mancher Villa hat man traumhafte Aussichten auf das Meer, Buchten, Inseln und Strände.
Villenbebauung zieht sich die Hügel hinauf und eröffnet schöne Aussichten auf das Meer. Anfang April sind die Bäume noch unbelaubt. Das gibt den Blick auf die Architektur frei, andererseits sieht es mit grünen Bäumen noch hübscher aus. Die Qingdaoer sagen, der Farbklang ihrer Stadt bestehe aus roten Dächern, grünen Bäumen und blauem Meer.
Die Stadt pflegt ihr historisches Erbe, etliche ehemals öffentliche Gebäude sind mit originaler Inneneinrichtung komplett erhalten und heute als Museen zugänglich. Neue Gebäude werden dem alten Stil angepasst, um den Charakter der Stadt zu erhalten.
Das moderne Qingdao
Man kann bei den historischen Rückblicken glatt vergessen, dass man sich in einer ziemlich prosperierenden, modernen Stadt aufhält. Qingdaos Hafen ist wichtig und rangiert unter den Top Ten der verkehrsreichsten Häfen der Welt.
Eine der längste Brücken der Welt, die Jiaozhou-Brücke mit einer Länge von 42,5 Kilometern, überquert die Bucht, und verbindet die Städte Qingdao und Huangdao. In der Küstenstadt sind Unternehmen beheimatet wie Haier, Hisense, CRRC Qingdao Sifang und Tsingtao Brewery. Auch Informationstechnologien der nächsten Generation, Hochgeschwindigkeitszüge, Elektromobilität, Biomedizin, Industrierobotertechnik und Meeresforschung haben sich in der Stadt angesiedelt.
Qingdao gilt als sauber und lebenswert. Eine enge wirtschaftliche und kulturelle Beziehung zu Deutschland wird gepflegt, auch wenn die kolonialen Zeiten nicht immer ruhmreich waren.
Die Zeit, als Qingdao Pachtgebiet war
Qingdao und das umgebende Kiautschou-Gebiet waren seit 1898 deutsches Pachtgebiet. Es flossen jährlich 5 Millionen Reichsmark Pacht an China, damit die Deutschen dort siedeln, handeln und einen militärischen Stützpunkt einrichten konnten. Den Status einer Kolonie, bei der ein erobertes Gebiet Teil des Staatsgebiets der Kolonialmacht wird, hatte Qingdao demnach nicht.
Zu dem Pachtvertrag kam es nicht freiwillig, sondern durch militärische Intervention, nachdem zwei deutsche Missionare von einer chinesischen antichristlichen Bewegung ermordet worden waren. China wurde gezwungen, den 99 Jahre dauernden Pachtvertrag zu unterzeichnen, mit dem das Pachtgebiet Kiautschou, zu dem auch Tsingtau gehörte, an Deutschland abgetreten werden musste.
Der Erste Weltkrieg kam, China erklärte Deutschland den Krieg in der Hoffnung, dass es dieses Gebiet zurück bekommen würde. Japan besetzte die Region 1914 und bei den Verhandlungen zum Versailler Vertrag ging China trotz seines Engagements leer aus. Das Gebiet blieb in japanischer Hand.
Rundgang durch das alte Qingdao
Die St.-Michaels-Kirche wurde 1932 von deutschen Missionaren gebaut, auch wenn zu dieser Zeit bereits Japaner das Gebiet besetzt hielten.
Heute ist die Kirche sowohl Sehenswürdigkeit als auch Ort der christlichen Gemeinde. In Qingdao läuten tatsächlich die Glocken, auch jeden Mittag um 12 Uhr - nicht nur von dieser Kirche.
Direkt neben der Kirche, das Gebäude des ehemaligen Heilig-Geist-Konvents
Von der Kirche geht es die kopfsteingepflasterte Straße hinunter zur Zhongshan Lu, der Hauptstraße der ehemaligen - sagen wir der Einfachheit halber - Kolonie. Die Zhongshan Lu führt direkt ans Meer und wird von einigen historischen Gebäuden gesäumt.
Zum Beispiel dem Seemannsclub an der Ecke Zhongshan Lu/Hubei Lu. Er wurde 1901-1902 errichtet und war ein Vergnügungsort für Hauptfeldwebel und Matrosen.
Heute ist darin ein Filmmuseum untergebracht.
Der ehemalige Seemannsclub, heute ein Kinomuseum
Ein paar Meter weiter Richtung Meer befindet sich das Gebäude, in dem die Redaktion der ehemaligen Tsingtauer Neueste Nachrichten saß, der Tageszeitung für Tsingtau, wie die Stadt damals hieß.
Das Gebäude der ehemaligen Tsingtauer Neueste Nachrichten
Rechts das Backsteingebäude, in dem die Redaktion der Tsingtauer Neueste Nachrichten untergebracht war.
Ein paar Meter weiter erreicht man das Meer. Das letzte Haus vor der Promenade und den Landungsbrücken, Zhongshan Lu No. 1, ist der ehemalige Tsingtao Club, der 1903 eröffnet wurde.
Damals hatte das Gebäude die Adresse Friedrichstraße No. 1, die Straße am Meer hieß Kaiser-Wilhelm-Ufer.
Damals der Tsingtau-Club, heute der Tsingtao-Club
Historische Aufnahme der Landungsbrücke, im Hintergrund ist wieder der Tsingtau-Club zu sehen.
Heute beherbergt der Club ein Museum und Innen- wie auch Außengastronomie mit Biergarten.
Im Eintrittspreis für den Club ist ein Tsingtao-Bier inbegriffen. Das gibt's in Capri-Sonne-Verpackung, die man sich mit einem Band um den Hals hängen kann, damit man sie jederzeit griffbereit hat. Bier spielt in dieser Stadt eine herausragende Rolle. Man trinkt es schon mittags, vielleicht auch schon vormittags und hat dadurch ständig einen leicht erhöhten Alkoholpegel. Es gibt Bier in vielen verschiedenen Geschmacksvarianten: Grapefruit, Passionsfrucht, Erdbeere. Lecker und erfrischend ist das, mit einer süß-säuerlichen Note.
"Was darf's sein?" Zwanzig leckere Bier-Varianten zur Auswahl.
Vom Tsingtao-Club geht es direkt an die Promenade mit schönen, parkähnlichen Grünlagen. Die Uferstraße wird gesäumt von Hotels aus der Kaiserzeit und direkt daran schließt der Strand an, auf dem sich zu Ferienzeiten massenweise Familien tummeln. Der Pier, der sich an dieser Stelle ins Meer erstreckt, ist brechend voll in Ferienzeiten. Man schiebt sich darüber wie auf einer Kirmes. Wer richtig Strandleben will mit Sonnenbaden, Strandsport und vor allem mehr Platz, muss ein paar Kilometer weiter gehen. Der Stadtstrand an der Promenade ist eher dazu geeignet, mal die Füße ein bisschen ins Wasser zu halten.
Parallel zur Uferstraße verläuft die Guangxi Lu. Hier ist man immer noch mitten im Zentrum der ehemaligen Kolonie mit Gebäuden längst vergessener Handelsunternehmen und Niederlassungen.
Von dieser Straße geht es allmählich bergan und die Handelsgebäude werden von Wohnhäusern abgelöst. Man kann durch die Hunan Lu, Mingshui Lu schlendern und sich durch die Wohnviertel treiben lassen. Alles ist fußläufig erreichbar und man hat den Eindruck, dass es sich in Tsingtau sehr geruhsam leben ließ, fast dörflich beschaulich und doch international und mondän. Die Wohngebiete der Deutschen waren streng von denen der Chinesen getrennt.
An der Yishui Lu findet man die unten abgebildete Gouverneurshalle, das Bürogebäude des Gouverneurs. Das ehemalige Regierungsgebäude mit einer Gesamtfläche von 7.500 Quadratmetern wurde zwischen 1904 und 1906 von dem deutschen Architekten Mahlke erbaut. Im Laufe der Jahre wurde das Gebäude von verschiedenen Parteien, den Japanern und heute der Volksrepublik China genutzt.
Im weiteren Verlauf der Yishui Lu stehen einige repräsentative Villen.
Am Ende der Straße gelangt man zur evangelischen Kirche Tsingtaos. Sie liegt malerisch auf einer Anhöhe zwischen den beiden Hügeln mit dem Guanhaishan Park und dem Xinhaoshan Park.
Das Uhrwerk der Kirche wurde angefertigt von der Firma J.F. Weule aus Bockenem am Harz, die Turmuhren herstellte und Glocken goss. 1836 wurde die Firma gegründet und ihre Uhrwerke laufen weltweit in Argentinien, Brasilien, Qingdao, aber auch auf Borkum, in Quedlinburg, Goslar, Wernigerode und vielen anderen Orten. 1966 meldete die Firma Konkurs an. Ihre Uhrwerke und Glocken laufen und klingen immer noch.
Von der evangelischen Kirche hat man diesen Blick auf die Häuser an der Yishui Lu ...
... und auch auf die Häuser an der Jiangsu Lu, die hinunter führt zum Meer.
Es geht die Jiangsu Lu hinunter bis zur Taiping Lu, die am Meer entlang verläuft.
Von dort geht es zum nächsten Hügel, auf dem der der Xiaoyushan Park mit seiner weithin sichtbaren Pagode liegt.
Um dorthin zu gelangen, geht es durch das nächste Gründezeitviertel. Hübsche Straßen mit viel historischer Architektur und einladende Gartencafés säumen den Weg nach oben.
Oben auf dem Hügel ist einiges los, es ist verlängertes Wochenende durch das Qingming-Fest, es ist voll, aber nicht unangnehm, die Stadt ist lebendig und jung.
Von der Pagode geht es zum nebenan gelegenen Hügel mit dem Haus des Gouverneur. Der Weg dahin führt durch das nächste belebte, junge Viertel
Das Haus des deutschen Gouverneurs
Das große Anwesen liegt ebenfalls auf einem Hügel, umgeben von einem schönen Park mit Libanon-Zedern und Kiefern.
Die Aussichten von der Villa sind grandios, vor allem die Loggia mit den Rundbogenarkaden bietet direkten Blick aufs Meer.
Der Architekt Werner Lazarowicz gestaltete das Anwesen mit Mittelalterzitaten. Die Bossensteine mit den grob behauenen, bruchrauen Oberflächen erinnern an mittelalterliche Burgen. Das Gebäude hat viele Loggias, Erker, Türme und Anbauten, die einen verschachtelten Gesamteindruck vermitteln, den man ebenfalls mit mittelalterlicher Architektur verband. Mittelalterliche Architektur galt als deutsch, während man repräsentative, symmetrisch angelegte Architektur als französisch, als Barock empfand.
Der Grundriss entspricht ebenfalls der Vorstellung von mittelalterlicher Architektur. Im Gegensatz zu barocken Raumfluchten ist hier die Halle im Mittelpunkt des Hauses, von der man alle Räume errichen kann.
Dieser Funktionalismus war ein Grundgedanke in der Architektur des späten 19. Jahrhhunderts, der sich mit der Gründung des Deutschen Werkbundes seinen Durchbruch bahnte. Diese Bauauffassung hatte Hermann Muthesius, Mitbegründer des Werkbundes und Kulturattaché im Auftrag des Kaisers, in England erforscht und in seinem mehrbändigen Buch "Das Englische Haus" publiziert. Dahinter stand der Grundgedanke, dass das englische und das deutsche Volk als germanische Brüdervölker mehr Gemeinsamkeiten haben als die Deutschen mit dem romanischen Nachbarn Frankreich, dessen Architektur weniger von Funktionalität als von Raumdispositionen wie Raumfluchten, die unter anderem keine Privatsphäre ermöglichen, geprägt war.
Auch eine Hochachtung für wirtschaftliche Erfolge der englischen Industrie spielte in die Gründung des Werkbundes hinein. Man versuchte die industrielle Gestaltung zu verbessern und damit an die wirtschaftlichen Erfolge der Briten heranzukommen.
Solche polarisierenden Auffassungen erstaunen bei gebührender Distanz, aber sie entsprachen dem damaligen nationalistischen Zeitgeist.
Die Halle mit dem Treppenaufgang
Jugendstilornamentik überall
Die Standuhr in der Halle, gefertigt von der Firma Junghans, läuft noch heute pünktlich.
Vom Gouverneurshaus geht es weiter bergan auf den Xinhaoshan Park. Eine lange Treppe führt direkt hinauf in den Park.
Die kleinen Parks auf den Hügelspitzen wurden vermutlich schon zu Kolonialzeiten angelegt von Bürgervereinen, die sich um das Gemeinwohl verdient machen wollten.
Ähnliche Parks gibt es häufig in Städten, die in der Gründerzeit boomten: Viktoriapark in Berlin, Königshöhe in Elberfeld oder Barmer Anlagen, Nicht selten sind sie mit kleinen malerischen Häuschen ausgestattet, grottenähnlichen Gebilden, felsigen Wasserfällen usw.
Wasserfall im Xinhaoshan Park
Vom Xinhaoshan Park geht es wieder hinunter in die Stadt, wo man noch gemütlich bummeln kann und sich Seafood und ein weiteres leckeres, fruchtiges Bier gönnt.
Die Tsingtao-Brauerei
Wenn sich irgendwo auf der Welt Deutsche niedergelassen hatten, brachten sie gleich das Bier mit. Und so wurde in Tsingtau die Germania-Brauerei gegründet, aus der später die Tsingtao-Brauerei wurde, die sechstgrößte Brauerei der Welt (Stand 2024).
Wie jedes große Brauereiunternehmen bietet auch diese ein Museum. Die Ausstellung vermittelt viel Historisches, aber auch allgemeine Informationen über die Bierherstellung, anschaulich und liebevoll didaktisiert, dazu Verkostung, kleine Mahlzeiten zum Bier und massenweise Souvenirs.
Die Seafood-Stadt
Was in Qingdao absolut nicht fehlen darf: Seafood in allen erdenklichen Varianten. Die Restaurants sind gepflegt, massenweise saubere Aquarien mit frischem Wasser und dem ungewöhnlichsten Getier zeigen, was wenige Minuten später auf dem Teller landet.
Scenic Area Badaguan
Und weil Qingdao so viel schöne alte Architektur hat, noch ein paar Eindrücke aus dem Stadtteil Badaguan, einem Villenviertel circa vier Kilometer vom Zentrum entfernt mit Kiefernwald, gelbem Strand und Felsenklippen, auf denen teilweise Villen stehen.