UMGEBUNGSENTDECKER
REISEEINDRÜCKE FÜR KUNST- UND GESCHICHTSINTERESSIERTE
Ostseeküste
von Lübeck bis zur Kurischen Nehrung
Ausgehend von Lübeck, der ehemaligen Hauptstadt der Hanse und der größten Stadt des Mittelalters im nördlichen Europa, wollten wir die Ostseeküste im Wohnmobil entlang fahren bis nach Memel, dem heutigen Klaipeda, in Litauen.
Einzig den Teil der ostpreußischen Küste, der heute zu Russland gehört, mussten wir umfahren, da man dafür ein Visum braucht. Das war nicht weiter schlimm, zwar hätte uns Königsberg interessiert, aber der Umweg durch den masurischen Teil Ostpreußens fanden wir genauso spannend. Außerdem ging es wegen des Umwegs um den russischen Teil Ostpreußens durch Litauen und seine Hauptstadt Vilnius sowie die ehemalige Hauptstadt Trakai, die beide nicht am Meer liegen, sondern im südlichen Litauen. Unsere Fahrt endete auf der Kurischen Nehrung, von dort ging es mit der Fähre von Klaipeda zurück nach Kiel.
Es war eine Reise auf den Spuren von viel Geschichte, traumhaft schönen Städten und wunderbaren Landschaften.
Osteuropa ist auch Ort vieler tragischer Ereignisse im Zweiten Weltkrieg. Seit jener Zeit ist das osteuropäische Judentums ebenso verschwunden wie die deutschen Besiedlung Ostmitteleuropas. Damit ist viel Kultur für immer verloren, von den menschlichen Schicksalen ganz zu schweigen.
Man braucht also schon etwas Mut, dahin zu fahren. Es ist keine Fahrt, bei der ausschließlich die Schönheit der Landschaften und Städte im Vordergrund steht, sondern auch eine Reise, bei der einen die Schatten der Vergangenheit einholen.
Lübeck
Die Ostsee zu bereisen ist auch eine Fahrt auf den Spuren der Hanse, denn dieser Handelsbund hat im Mittelalter den Nordosten Europas dominiert und deutliche kulturellen Spuren hinterlassen, die im gesamten Ostseeraum zu finden sind.
Zu Lübeck muss ich hier nicht viel schreiben, dazu habe ich mich schon ausgiebig auf der Seite über Hansestädte ausgelassen. (Willst du mehr über Lübeck wissen, klick hier.)
Aber ein paar Bilder gibt's hier dennoch, denn dort begann unsere lange Fahrt.
Stralsund
Stralsund zählt zum Weltkulturerbe. Die gesamte Stadt hat ein geschlossenes historisches Stadtbild mit mittelalterlichem Grundriss, mit Straßennetz, Plätzen und Parzellenstrukturen, die bis heute nahezu unverändert bewahrt blieben, so dass die Stadt idealtypisch die entwickelte Hansestadt aus der Blütezeit des Städtebundes im 14. Jahrhundert repräsentiert. Das Zentrum ist der Alte Markt, der umgeben ist von einem Ensemble besonders hervorzuhebender Gebäude, wie dem Rathaus mit den Windlöchern in der Zierfassade.
Das Stralsunder Rathaus, besonders markant sind die Windlöcher in den Ziergiebeln.
Hinter dem Rathaus ragen die mächtigen Türme der Nikolaikirche hervor.
Vom Markt aus gesehen, liegt hinter dem Rathaus die Nikolaikirche. An der Ostseite des Markts befindet sich das Kommandantenhaus, in dessen Giebel ein Wappen angebracht ist, das an die Zeit erinnert, als Stralsund zwischen dem Dreißigjährigen Krieg und dem Wiener Kongress zu Schwedisch-Pommern gehörte. Darüberhinaus gibt es noch das Wulflamhaus an der Nordseite des Markts, eines der am besten erhaltenen backsteingotischen Wohnhäuser des norddeutschen Raums, errichtet 1358 durch die Bürgermeisterfamilie Wulflam. Schräg gegenüber vom Wulflamhaus, an der Westseite des Platzes liegt der Artushof, der seit 2010 wieder als Gaststätte genutzt wird. Artushöfe gibt es in Hansestädten häufiger, auch in Danzig werde ich später noch einen besonders schönen sehen. Sie waren eine Art Gesellschaftshaus und Treffpunkt der gesellschaftlichen Oberschicht zur Zeit der Hanse, eine Art Repräsentationsort der Stadt, in der Empfänge stattfanden oder in denen bedeutende Gäste untergebracht wurden. Außerdem gab es in Artushöfen immer eine Gastwirtschaft, vergleichbar mit Ratskellern, die man früher traditionell in den Rathäusern aller Städte fand. Der Artushof in Stralsund ist aber kein mittelalterliches Gebäude. Dies brannte im 17. Jahrhhundert ab und wurde später durch den Bau der schwedischen Stadtwache ersetzt, bis 1911 das heutige Gebäude, ein ehemaliges Hotel, nach Abriss der schwedischen Wache errichtet wurde.
Die Nordseite des Alten Markts. Hinter den Sonnenschirmen ragt die Fassade des Wulflamhauses heraus. Am linken Bildrand sieht man eine Fensterachse des Artushofs.
Polnische Ostsee, Hinterpommern
Auf der Insel Usedom, die das Stettiner Haff von der Ostsee trennt, verläuft die Grenze zwischen Deutschland und Polen, Swinemünde ist die erste polnische Stadt auf unserer Fahrt nach Osten. Wir sind im Mündungsgebiet der Oder.
Unser erster Aufenthalt in Polen war in Rewal, einer Stadt zwischen Usedom und Kolberg. Rewal ist ein lebendiger Ferienort und entsprechend war dort ziemlich viel los. Viele polnische Familien verbringen ihre Ferien an der Ostsee, die Polen sind unter sich, die Urlaubssaison läuft auf Hochtouren und es herrscht Partystimmung wie man sie eher in Familienurlaubsorten in Spanien vermuten würde. Restaurants, Kneipen, Imbissbuden, Discos und alle möglichen Angebote zur Zerstreuung findet man hier. Es erinnert manchmal ein bisschen an Urlaube in Kindertagen, als bei uns ein Eis am Stiel oder eine Pommes noch Glücksgefühle auslösten und die Familien eine gewissen Bodenständigkeit ausstrahlten. Das Essen schmeckte super, Alles ist preiswert und wir hatten eine gute Zeit.
Am nächsten Tag ging es weiter Richtung Leba, das schon kurz vor der Kaschubei liegt. Wir machten einen kurzen Zwischenstopp in Kolberg, aber außer dem Backsteinrathaus am Markt, wo wir zu Mittag aßen, haben wir leider nicht viel gesehen.
In Leba stießen wir auf die erste große Wanderdüne an der Ostsee, die Lotzkedüne.
Am Strand gibt es das Hotel Neptun, früher das Kurhaus Leba, in dem schon eine Effi-Briest-Verfilmung gedreht wurde von Gustav Gründgens mit Marianne Hoppe.
Theodor Fontane soll in den Dünen von Swinemünde zu dem Roman Effi Briest inspiriert worden sein.
Das Hotel Neptun am Strand von Leba
Die Ostsee hat ziemlich weiße Strände, manchmal menschenleer, manchmal, in der Nähe von Seebädern voll und fröhlich.
Abendspaziergänge bei Sonnenuntergang und Dämmerung führten uns an fast menschenleere Strände. Vereinzelte Fischer hatten ihre Angeln oder Reusen ausgeworfen, am Strand kleine Lagerfeuer entzündet und warteten still in der Zeit zwischen der Blauen Stunde und der Nacht auf einen Fang.
Die Sommer an der Ostsee können heiß sein. Das leichte Plätschern der kleinen Wellen klingt genauso erschöpft von der Hitze wie die harrenden Menschen, die sich nach Möglichkeit nicht bewegen wollen. Günther Grass` Blechtrommel kommt mir in den Kopf: "Breit und träge leckte die Ostsee den Strand", heißt es da, und "der Sommer zeigte, was er kann."
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