REISEEINDRÜCKE FÜR KUNST- UND GESCHICHTSINTERESSIERTE
UMGEBUNGSENTDECKER
Münster und das Münsterland




INHALT
- Der Prinzipalmarkt, Münsters gute Adresse
- Münster, die Stadt des Westfälischen Friedens
- Der Baumeister Johann Conrad Schlaun
- Das fürstbischöfliche Schloss
- Schlösser und Wasserburgen im Münsterland
Münster liegt mitten im Münsterland, einer Region zwischen Lippe, Teutoburger Wald, niedersächsischem Emsland, den Niederlanden und dem Kreis Wesel. Die Landschaft ist von Bauernhöfen, Pferdeweiden und Landwirtschaft geprägt, von Alleen und Rainhecken, von kleinen Kapellen an Hofeinfahrten und Wegkreuzen an Straßenrändern. Außerdem wurde diese Kulturlandschaft vom Adel gestaltet, der dort circa hundert Wasserschlösser hinterließ, die oft noch bis heute von den Adelsfamilien bewohnt werden. Einige Schlösser haben einen Museumstrakt, den man besichtigen kann, andere Schlösser öffnen ihre Pforten auf Anfrage und mitunter wird man vom Freiherrn oder Grafen persönlich durch die Räumlichkeiten geführt.
Münster
Wer mit dem Auto anreist, erreicht die Stadt am besten aus nördlicher Richtung über die B 54. Auf dem Weg dorthin führen weite Felder den Blick – bis sich am Horizont die Silhouette Münsters mit ihren markanten Kirchtürmen abzeichnet. Im Norden gibt es keinen Industriegürtel und die eigentliche Bebauung beginnt erst direkt hinter dem Ortseingangsschild. So bietet sich dem Ankommenden ein Anblick, der sich seit Jahrhunderten kaum verändert hat.
Das wirklich Historische entfaltet sich jedoch erst im Herzen der Stadt. Die Straße führt direkt zum Schlossplatz, wo man bequem parken kann – alternativ stehen mehrere Parkhäuser in der Altstadt zur Verfügung.
Der Wochenmarkt in Münster

Am Samstag zeigt sich Münster von seiner lebendigsten Seite – dann ist Wochenmarkt.
Er beeindruckt nicht nur durch seine Größe, sondern auch durch seine klare Ausrichtung: Hier dreht sich alles ums Kulinarische. Frisches Obst und Gemüse, Käse, Brot, Feinkost – ergänzt durch einige Blumenstände.
Wohltuend ist dabei die Konzentration aufs Wesentliche: Mode, Taschen und sonstigen Kram, wie er auf vielen anderen Märkten die Ränder füllt, sucht man hier vergeblich.

Das Angebot und die Konkurrenz unter den Händlern sind groß, die Auswahl gut, alles sieht aus wie gemalt. Manche Händler haben bei Münsteranern Kult-Status, zumindest lassen die langen Schlangen vor den Ständen darauf schließen.



Früher oder später erliegt man den kulinarischen Verlockungen – und findet sich an einem der Stehtische wieder, um eine Kleinigkeit zu essen.
Von dort lässt sich das bunte Markttreiben wunderbar beobachten. Um Punkt zwölf läuten die Glocken des Doms, am Nachbartisch plaudern Universitätsangehörige mit internationalen Gästen und auf der Straße Michaelisplatz – die den Domplatz mit dem Prinzipalmarkt verbindet – herrscht reges Treiben: Menschen, Fahrräder, Einkaufsbeutel, Stimmengewirr.
Ab und zu schiebt sich ein Bus im Schritttempo durch das Gewusel.
Es ist eine intensive, aber angenehme Reizüberflutung – Samstag für Samstag.

Westfälische Küche

Wenn man thematisch schon bei Lebensmitteln ist, lohnt ein Blick auf die westfälische Küche. (Keine Lust auf regionale Gerichte? Klick hier. Dann geht's gleich weiter in die Stadt.)
Eins vorweg - westfälische Küche ist nicht jedermanns Sache: bodenständig und kräftig mit Zutaten wie Speck, Schweineblut oder Innereien. Aber früher sind die Leute davon auch nicht gestorben und immerhin wurde von einem Tier alles verwendet, was eine gewisse Nachhaltigkeit mit sich brachte.

Die weit über die Grenzen hinaus bekanntesten Spezialitäten sind Pumpernickel und westfälischer Schinken. Der Pumpernickel hat es sogar bis in die USA geschafft.
Welche warmen Gerichte gibt es?
In Kochbüchern und auf manchen Speisekarten findet man unter anderem Westfälisches Blindhuhn, Pfefferpotthast, Töttchen, Dicke Bohnen mit Speck, Pickert, Panhas, Potthucke, Pillekuchen, Grünkohl.
Der Pfefferpotthast ist eigentlich eine Art Gulasch. Rindfleisch und Zwiebeln werden mit Nelken, Lorbeerblättern und Piment gekocht, danach erfolgt eine leicht säuerliche Abschmeckung mit Zitronensaft und Kapern. Gebunden wird es mit Semmelbröseln (vielleicht tut es auch Stärke, evtl. mit einem Schuss Sahne?). Nelken, Lorbeer und Piment geben dem Gericht eine leichte Note von Weihnachtsgewürzen.
Töttchen ist eine Art Ragout, das heutzutage aus Kalbfleisch hergestellt wird, also durchaus hochwertig, was es früher eher nicht war, da wurden sämtlich Innereien hineingeworfen und das Kalbfleisch kam vom Kalbskopf. Das Ganze wurde mit Zwiebeln und Zitronensaft zu einem säuerlichen Ragout gekocht. Im Münsterland gibt es das zum Frühschoppen bei Schützenfesten und es steht auf Speisekarten in Traditionslokalen.
Das Westfälische Blindhuhn ist ein Bohneneintopf mit Birnen, in den noch ein ordentliches Stück Speck geknallt wird.
Das Ganze wirkt wie eine Bohnensuppe, allerdings eine klare, nicht diese schlammartigen Gebilde wie Linsen- oder Erbseneintopf.
Der Pickert (ich kenne ihn nur als Kastenpickert) ist ein Hefeteig, in den geriebene Kartoffeln kommen, dann werden Rosinen untergerührt, alles kräftig mit Salz und Pfeffer würzen, das Ganze wird gebacken, bis es schön braun ist. Der abgekühlte Kuchen wird in dicke Scheiben geschnitten, die in der Pfanne mit Butter geröstet werden, darauf kommt Rübenkraut. Fertig.
Panhas erinnert ein bisschen an Blutwurst. Dafür wird Schweinefleisch (manchmal wird auch Rind zugesetzt) in Wurstbrühe gekocht, die von der Wurstherstellung übrig ist, gewürfelter Speck und gewürfelte Blutwurst kommen hinein, dazu Schweineblut, Pfeffer, Piment und Nelke und das Ganze wird mit Buchweizenmehl gebunden, bis es fest wird. Die Masse wird in eine Kastenform gedrückt, dann auskühlen lassen. Gegessen wird es als Aufschnitt oder in Scheiben geschnitten, gebraten und mit Sauerkraut und Kartoffeln, Apfel und angebratenen Zwiebeln serviert.
Pillekuchen wird aus gestifteten Kartoffeln hergestellt, die unter einen Pfannekuchenteig gerührt und anschließend langsam in der Pfanne gebraten werden. Nicht zu heiß, er braucht Zeit, bei zu starker Hitze wird er schwarz, bevor er gar ist. Oder man brät die rohen gestifteten Kartoffeln zuerst und gießt anschließen den Pfannekuchenteig darüber und brät dann von beiden Seiten, bis es knusprig ist. Dazu Endiviensalat.
Grünkohl, eigentlich bekannt für Niedersachsen, ist auch im Münsterland beliebt. Ein Blick auf die physische Landkarte zeigt, warum. Die Norddeutsche Tiefebene, in der der Grünkohl als regionale Spezialität zu finden ist (in Süddeutschland kennt man ihn kaum) setzt sich bis ins Münsterland fort und wird nur nordöstlich vom Teutoburger Wald und südlich vom Haarstrang begrenzt. Im Münsterland hat man so gut wie keine Erhebung mehr bis zur Nordsee und da Niedersachsen ohnehin gleich nebenan liegt, ist die Grünkohlgrenze eher in Nordrhein-Westfalen zu finden.
Die Aufzählung umfasst nur eine Auswahl und könnte noch beliebig fortgesetzt werden.

In Münster gibt es eine Reihe ziemlich guter, bodenständiger Restaurants wie z.B. Stuhlmacher, Kiepenkerl, Altes Gasthaus Leve, Töddenhoek, Drübbelken u.m.
Was trinkt man im Münsterland?
Traditionell wird Altbier getrunken, mittlerweile eher Pils, wichtige Spirituosen sind Steinhäger und Weizenkorn.


Übrigens gibt es in der Schänke, bzw. dem Restaurant der Altbierbrauerei Pinkus Müller in Münster die Speisekarte auch auf "Münsterländer Platt".

Der Prinzipalmarkt -
Münsters gute Adresse



Traditionsgasthaus Stuhlmacher

Vom Markt auf dem Domplatz gelangt man nach wenigen Metern zum Prinzipalmarkt. Dort findet man gediegene Geschäfte in den Laubengängen. Von Bekleidung fürs Landleben über Reitutensilien bis hin zu Geschäften für Tischkultur bekommt man dort alles, was man für ein gutsituiertes Selbstverständnis braucht.
Wenn man einen Meißener Tafelaufsatz sucht - hier gibt es ihn. Wozu braucht man so etwas? Nun ja, vielleicht hat man ja ein Wasserschloss? Da könnte man so etwas schon für den einen oder anderen Zweck verwenden.
Die Häuser am Prinzipalmarkt sind allesamt giebelständig, schmal und vertikal, haben im Erdgeschoss eine Arkade, darüber zwei Geschosse und schließen mit ein oder zwei Giebelstockwerken ab. Es sind Bürgerhäuser, die sich in ihrer architektonischen Erscheinung deutlich von Münsteraner Adelshöfen unterscheiden. Dazu später mehr.

Typische Bürgerhäuser am Prinzipalmarkt
Münster -
Stadt des Westfälischen Friedens

Das Rathaus des Westfälischen Friedens ist auf dem obigen Foto rechts zu sehen, links davon das Stadtweinhaus.
Der Dreißigjährige Krieg
Als der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) durch den Westfälischen Frieden in Münster beendet wurde, war dies ein Markstein in der europäischen Geschichte. Die zerstörerische Wucht und die Auswirkungen dieses Krieges auf die deutschen Lande und Mitteleuropa waren so groß wie kaum ein anderes Ereignis. Der Dreißigjährige Krieg stellte eine Zeitenwende dar und zählt vielleicht zu den wichtigsten Ereignissen der deutschen Geschichte. Im Rathaus, dem Gebäude mit dem höchsten und am reichsten verzierten Giebel am Prinzipalmarkt von Münster, kann der Ort, an dem der Friedensvertrag unterzeichnet wurde, besichtigt werden.
Allerdings wurde der Friedensvertrag auch im sechzig Kilometer entfernten Osnabrück beschlossen. In Münster wurde der Teil des Vertrags zwischen Frankreich und dem Kaiserreich ausgehandelt, der sich hauptsächlich auf Süddeutschland bezog, in Osnabrück der Teil zwischen Schweden und dem Kaiserreich, dessen Bestimmungen sich auf Norddeutschland bezogen.
Vielleicht hatte dieser Krieg ein ähnliches Gewicht wie die beiden Weltkriege im 20. Jahrhhundert. Immerhin nannten De Gaulle und Churchhill den Ersten und Zweiten Weltkrieg zusammengenommen den Dreißigjährigen Krieg des 20. Jahrhunderts. Ein interessanter Vergleich, denn beide Weltkriege dauerten zusammen ebenfalls fast 30 Jahre (1914-1945), wobei die kurze Zeit dazwischen mitgezählt wird, was sinnfällig ist, da der Zweite Weltkrieg ohne den Ersten nicht entstanden wäre. Sowohl dem Dreißigjährigen Krieg als auch den beiden Weltkriegen gingen enorme gesellschaftliche Wandlungen voraus (vor dem Dreißigjährigen Krieg die Reformation und soziale Verwerfungen, die zu Bauernaufständen führten, vor den Weltkriegen die Industrialisierung mit ihren sozialen Folgen sowie der Kommunismus und der Nationalismus). Beide Kriege verheerten Mitteleuropa, beide Kriege führten zu einer Verschiebung der hegemonialen Verhältnisse in Europa, in beide Kriege waren viele Nationen involviert.
Als 1998 das 350-jährige Jubiläum des Westfälischen Friedens gefeiert wurde, waren Staatsoberhäupter aus zwanzig europäischen Staaten in der Stadt, unter anderem die Königinnen der Niederlande, Schwedens und Dänemarks.
Die Westfälischen Nachrichten schrieben über diese einmalige Dichte politischer Prominenz: "Die Liste der Nationen, deren Staatsoberhäupter im Friedenssaal versammelt sind, ist so lang, dass man sie am besten in alphabetischer Reihenfolge präsentiert: Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Italien, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Schweden, Schweiz, Spanien, Tschechien und Vatikan."
Ein Gruppenfoto mit all den Staatsoberhäuptern, die sich damals in Münster und Osnabrück einfanden, findest du hier.
Der Dreißigjährige Krieg entstand nicht aus heiterem Himmel, sondern hatte eine längere Vorlaufzeit. Luther nagelte 1517 seine Thesen in Wittenberg an die Tür der Schlosskirche und leitete damit die Reformation ein, 1531 gründete sich der Schmalkaldische Bund und der Konflikt zwischen Katholiken und Protestanten schwelte immer stärker (Willst du mehr zum Schmalkaldischen Bund wissen? Klick hier).
In Böhmen kam es 1618 schließlich zur Initialzündung, als protestantische Adelige die Unterdrückung durch den böhmischen König Leid waren, die Prager Burg stürmten und drei katholische Beamte des Königs aus dem Fenster warfen.
Vielleicht kann man den Dreißigjährigen Krieg vereinfacht auf die Gemengelage von vier Grundproblemen zurückführen:
1. Er war ein Glaubenskrieg zwischen Protestanten und Katholiken.
2. Er war ein Krieg, der auch durch das soziale Ungleichgewicht zwischen reichen Fürsten und Klerikern und armen Bauern befeuert wurde.
3. Innenpolitisch war es ein Krieg um Macht und Einfluss im Heiligen Römischen Reich. Auf der einen Seite stand der Kaiser, der seine Macht nicht teilen wollte, auf der anderen Seite standen die Landesherren, die gern unabhängiger werden wollten. Logischerweise war dieser Gegensatz auch mit religiösen Fragen verbunden. Der Kaiser stand immer der römischen Kirche nahe, er wurde ja seit Karl dem Großen vom Papst gekrönt, während sich mancher Fürst den Protestanten anschloss, vor allem im Südwesten, Norden und Osten Deutschlands.
4. Außenpolitisch war der Krieg ein europäischer Konflikt. Schweden hatte Großmachtambitionen und Frankreich war von der Dynastie der Habsburger umringt, im Nordosten vom Heiligen Römischen Reich und den Spanischen Niederlanden, im Südwesten von Spanien unter Phillip IV. Frankreich unterstützte die deutschen Protestanten, weil es auf diese Weise den Einfluss des Kaisers im Heiligen Römischen Reich schwächen konnte.
Folgen des Friedensschlusses
Vom Friedensvertrag, der 1648 in den Friedenssälen von Münster und Osnabrück beschlossen wurde, hatten einige Länder stark profitiert. Entweder waren sie unabhängig geworden wie die Schweiz und die Niederlande.
Oder sie hatten profitiert, weil sie Territorien hinzugewonnen hatten, wie zum Beispiel Frankreich und Schweden.
Die heutigen Niederlande, damals die nordniederländischen Provinzen, erhielten ihre Souveränität am 15.05.1648, indem der achtzigjährige Unabhängigkeitskrieg mit Spanien, ein Teil des
Dreißigjährigen Krieges, beendet wurde.
Die Selbständigkeit der Schweiz wurde wenig später bestätigt durch das Einwirken des Baseler Bürgermeisters Johann Rudolf Wettstein, der die Eidgenossenschaft vertrat.
Der französische König Ludwig XIV., der Sonnenkönig, war bei den Friedensverhandlungen in Münster dabei. Nicht er persönlich - er war noch ein Kind - aber er wurde vertreten durch Kardinal Mazarin.
Frankreich erhielt das Elsass, den Sundgau sowie die rechtsrheinische Stadt Breisach. Diese Territorien fielen komplett an Frankreich und schieden damit aus dem Reich aus.
Zwar setzte sich der Krieg Frankreichs gegen Spanien noch fort und konnte erst 1659 beendet werden, aber Frankreich wurde nach dem Krieg zur neuen europäischen Hegemonialmacht.
Schweden erhielt den westlichen Teil Pommerns, genannt Schwedisch Pommern, das heutige Vorpommern mit Wismar und Stralsund, sowie die geistlichen Fürstentümer Bremen und Verden, die in Herzogtümer umgewandelt wurden. Die an Schweden übertragenen Länder blieben aber im Reichsverband, was Schweden einen Zugang zu den Reichstagen ermöglichte. Auch Schweden sicherte sich seine Stellung als Großmacht.
Vor allem Frankreich nutzte die Gunst des folgenden Barockzeitalters und versuchte seine Machtstellung durch Kriege unter Ludwig XIV. auszubauen, wodurch auch das Heilige Römische Reich betroffen war, z.B. durch den Pfälzischen Erbfolgekrieg.
Das Heilige Römische Reich war der eigentliche Verlierer des Dreißigjährigen Kriegs und hatte sich von dessen Folgen nicht mehr erholt. Der Krieg war der Anfang vom seinem Ende. Die Zersplitterung Deutschlands in evangelische und katholische Territorien war fester geworden, souveräne Staaten und Kleinstaaten erhielten das Recht zum Abschluss von außenpolitischen Bündnissen und wurden durch den Kaiser und das Reich nur noch lose zusammengehalten.
Aber davon profitierten auch einige deutsche Länder und strebten nach dem Krieg auf. Z.B. erlebten Sachsen und Brandenburg eine kulturelle Blüte im anschließenden Barockzeitalter. Auch Hessen-Kassel sowie unzählige kleinere Fürstentümer legten beachtliche kulturelle Leistungen hin, indem sie landauf, landab barocke Residenzstädte und Schlösser bauten, Kunst sammelten und förderten usw.
Nach dem Friedensschluss in Münster folgte im Jahr 1663 der nächste Reichstag des Heiligen Römischen Reichs in Regensburg und weil man sich dort in wichtigen Fragen nicht mehr einigen konnte, wurde er zur dauerhaften Institution, zum sogenannten Immerwährenden Reichstag, in dem letztendlich im Jahre 1806, nur 158 nach dem Ende des Dreißigjährigen Kriegs die Auflösung des Heiligen Reichs beschlossen wurde. (Willst du mehr über den Immerwährenden Reichstag wissen? Klick hier. Auf der Seite über Regensburg erfährst du es genauer.)
Übrigens beschäftigte die Religionsfrage die Gemüter in Deutschland noch sehr lange. Fürsten heirateten nach Konfession, wodurch diese engen familiären Verbindungen, z.B. zwischen Hessen, Hannover, Coburg, Gotha, Brandenburg, England, den Niederlanden, Schweden Dänemark usw entstanden. Manche Fürsten nahmen viele Hugenotten aus Frankreich auf, dem Land, in dem sie gnadenlos verfolgt wurden, vor allem Brandenburg und Hessen wurden von französischen Emigranten nachhaltig geprägt.
Sogar bis ins 20. Jahrhundert wirkte die konfessionelle Frage vor allem in ländlichen Regionen weiter, indem z.B. mit der konfessionellen Zugehörigkeit bestimmte Lebensweisen, Redlichkeit oder Rechtschaffenheit in Verbindung gebracht wurden, die bei der Einschätzung von Personen eine Rolle spielten.
Die Frage nach der Konfession wurde genau genommen erst unzeitgemäß, als sie verschwand, was in mancher ländlichen Gegend erst lange nach dem zweiten Weltkrieg der Fall war.
Heutzutage spielt die Konfession überhaupt keine Rolle mehr, aber das liegt nicht an einer Befriedung durch Annäherung, sondern an der Bedeutungslosigkeit der religiösen Ausrichtung überhaupt.
Die Wiedertäuferkäfige an St. Lamberti

Der Prinzipalmarkt, sonntags meist fast menschenleer. Im Hintergrund die Lambertikirche
Am anderen Ende des Prinzipalmarktes erhebt sich die Lambertikirche. Auffällig sind die drei schmiedeeisernen Käfige oben am Turm. Dort wurden die auf brutale Art hingerichteten Wiedertäufer aufgehängt, um
abzuschrecken. Die Wiedertäufer lehnten die Kindstaufe ab und plädierten für die Gläubigentaufe. Damit gerieten sie in Konflikt mit der Kirche, sie besetzten Münster, das vom Bischof Franz von Waldeck nach sechzehnmonatiger Belagerung 1535 wiedererobert wurde.
Sie wurden 1536 hingerichtet, ihnen wurde mit glühenden Zangen das Fleisch von den Knochen gerissen und anschließend die Gurgel und das Herz mit glühenden Eisen durchstoßen. Die Folter auf einem Schaugerüst auf dem Prinzipalmarkt dauerte stundenlang. Die Überreste der Täufer wurden in den Käfigen am Turm aufgehängt und dort bis 1585 belassen.
Die Türmer von Lamberti
In Münster gibt es noch das Amt des Türmers, der jeden Abend vom höchsten Turm der Stadt, der Lambertikirche, bläst. Seit 1383 sollte er über die Stadt wachen und vor Feuer oder Feinden warnen. Heute noch wird die Tradition fortgesetzt. Zwischen 21 Uhr und Mitternacht erklingt es jede halbe Stunde wie ein altes Nebelhorn. Eine kurze Unterbrechung dieser jahrhundertealten Tradition gab es 1923, als die Stelle des Türmes eingespart wurde, weil die damalige Inflation schwere Einschnitte forderte. Der Protest der Münsteraner führte dazu, dass das Amt ein Jahr später wieder eingeführt wurde. Seit 2014 ist es erstmalig eine Türmerin, die jeden Abend das Signal bläst.
Adelshöfe in Münster
Am anderen Ende des Prinzipalmarkts ändert die Straße ihren Namen und heißt ab dort Rothenburg. Von ihr zweigt die Königsstraße ab, in der sich mehrere sogenannte "Höfe" befinden, ehemalige repräsentative Stadtresidenzen des Westfälischen Adels, der bis heute auf dem Land in seinen Wasserschlössern lebt, aber auch Stadtpalais besaß, in denen man die Wintermonaten verbrachte oder bei Stadtaufenthalten wohnte.

Fürstbischöfliches Schloss
Stadthof Hülshoff
Bischöfliches Palais
Kettelersche Kurie
Schlaun Stadthaus
Korff-Schmisingscher Hof
Nordkirchener Stadthof
Merveldter Hof
Erbdrostenhof
Landsbergsche Kurie
Druffelscher Hof und Hensenbau
Kettelerscher Hof
Heeremannscher Hof
Beverfoerder Hof
Droste-Sendenscher Hof
Oerscher Hof
Höfe, ehemalige Stadtresidenzen, des Münsterländer Adels
Vor dem Zweiten Weltkrieg gab es in Münster 40 solcher Höfe. Viele davon existieren heute nicht mehr. Die Bombardierungung Münsters im Zweiten Weltkrieg hat das Stadtbild nachhaltig verändert. Der Stadthof Hülshoff ist genauso verschwunden wie der Kettelersche Hof, das Schlaunsche Stadthaus oder der Merveldter Hof.
Die übrigen, wiederaufgebauten Höfe sind auch heute noch stadtbildprägend, wenn auch das Innere nicht wiederhergestellt wurde.
Der einzige Hof, der im Rahmen einer Führung besichtigt werden kann, ist der Erbdrostenhof.
Hier ein paar Eindrücke von besonders schön wiederaufgebauten Höfen.

Die Besitzer der Höfe waren neben dem Adel die sogenannten Erbmänner, eine gesellschaftliche Gruppe, die sich ab dem 12. Jahrhundert als Gefolge der Bischöfe herausbildete und sich als Bürger erster Klasse im Rat und bei der Verteidigung verdient gemacht hatten. Ab dem 15. Jahrhundert galten auch sie als adelig. Diese Erbmänner waren ein exklusiver Kreis, der nur untereinander oder in den Stiftadel oder in Dynastengeschlechter heiratete, Ehen mit gemeinen Bürgern kamen nicht vor. In die Kreise der Erbmänner stieg auch fast keine Familie auf, nur ein einziges Mal gab es einen Neuzugang, die Familie von Drolshagen im 14. Jahrhundert. Oft erwirtschafteten die Familien einen erheblichen Reichtum durch kaufmännisches Handeln im Rahmen der Hanse (Münster war Hansestadt) oder durch hohe Ämter als Domherren, Schöffenmeister, Droste usw.
Während des Westfälischen Friedenskongresses am Ende des Dreißigjährigen Krieges dienten die Höfe als Unterkünfte für die Gesandten, die an den Verhandlungen teilnahmen.
Die Einquartierungen und Erwartungen der hochrangigen europäischen Vertreter während der Friedensverhandlungen führte dazu, dass sich der Lebensstil in den Höfen anpasste und veränderte, z.B. ließ der Münsteraner Kanzler Dietrich von Merveldt seinen gerade aus bürgerlichem Besitz neu erstandenen Stadthof umgestalten, indem er das Schlafzimmer der Eheleute aus dem Erdgeschoss unter das Dach verlegen ließ. Aus der Stube im Erdgeschoss, die an den Saal grenzt, wurde der große Schrank entfernt, der dem täglichen Gebrauch diente, und in die Kuchenkammer verbannt. Die Stube wurde als Empfangsraum mit grünem Stoff austapeziert und mit Gemälden ausgestattet. Das ehemalige Schlafzimmer wurde zum Speisesaal umgerüstet, indem die Wände mit vergoldeten Ledertapeten aus Amsterdam bezogen wurden. Die Trennung von Wohnräumen der Familie und Gesellschaftsräumen, wie sie in Rom oder Paris längst üblich geworden war, wurde vollzogen. Multifunktionale Räume im Erdgeschoss für Hauswirtschaft und Gesinde, Familienalltag oder Besucherzeremoniell wurden beseitigt und eine funktionale, standesgemäße Trennung eingeführt.
Die Architektur der Höfe hat ein völlig anderes Erscheinungsbild als die schmalen, giebelständigen Häuser am Prinzipalmarkt. Die Höfe sind niedriger, oft zweigeschossig und eher horizontal ausgerichtet. Einen durchgängigen Stil über die Jahrhunderte gab es nicht, sondern die architektonische Gestaltung hing vom jeweiligen Zeitgeschmack der Erbauung ab. Im Mittelalter ähnelten die Höfe z.B. kleinen Burgen wie der Bispinghof, der neben Türmen sogar einen Wassergraben hatte. Im 17. Jahrhundert entwickelte sich ein Bautyp, der etwas von der Straße zurück lag und einen einseitigen Flügel hatte. Ab der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts entstanden barocke Anlagen nach französischem Vorbild, sog. Hôtels particuliers, u-förmige Dreiflügelanlagen, die einen Hof, den Court d'honneur, umschließen.

Ein Hôtel particulier, eine dreiflügelige, u-förmige Anlage, der ehemalige Beverfoerder Hof in der Königsstraße. Das Modell befindet sich im Stadtmuseum.
Die ältesten noch erhaltenen Adelshöfe des 17. und 18. Jahrhunderts in der Stadt sind aus rotem Backstein gebaut, Fenster und Toreinfassungen bestehen aus Sandstein. Giebel sind oft mit Bilderwerk und dem Wappen der Besitzer versehen.
Druffelscher Hof und Hensenbau

Druffelscher Hof, Picassoplatz 1
Man beginnt die Besichtigung der Höfe am besten am Picassoplatz 1. Dort sieht man die klassizistische Fassade des Druffelschen Hofes, entworfen von Clemens August von Vagedes, einem Baumeister des Klassizismus. Die Familie Druffel gehört nicht zum alten westfälischen Adel. Erst Anfang des 19. Jahrhunderts wurden Familienmitglieder in den Adelsstand erhoben. Der Stammsitz der Druffels war die Wasserburg Haus Welbergen bei Steinfurt, heute eine Stiftung mit Archiv und Tagungsmöglichkeiten. Der Druffelsche Hof wurde im Krieg zerstört, nur seine Fassade wurde wiederhergestellt. Heute beherbergt das Gebäude das Picasso-Museum.
Gleich nebenan befindet sich der sogenannte Hensenbau von 1911, der die Formensprache des Barock aufgreift. Das Portal des Hensenbaus stammt von einem Abbruchhaus in Dülmen und wurde in die neobarocke Fassade integriert. Der Hensenbau gehört nicht zu den Adelshöfen, aber zusammen mir dem Druffelschen Hof beherbergt er heute das Picasso-Museum. Beide Gebäude sind innen miteinander verbunden.

Hensenbau
Kettelerscher Hof
Schräg gegenüber vom Hensenbau lag der Kettelersche Hof, Königstraße 51-53. Er wurde 1783-1789 im klassizistischen Stil von der Familie von Ketteler zu Harkotten erbaut, die den Vorgängerbau 1782 von begüterten Bürgerfamilien gekauft hatte.
Während der Verhandlungen zum Westfälischen Frieden residierte dort in den Jahren 1644 bis 1648 zuerst der Hauptgesandte des Kaisers, Maximilian Graf von Trautmannsdorff, und ab 1647 der spanische Gesandte Antoine Brun. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Hof komplett zerstört. Heute steht dort ein modernes Büro- und Geschäftshaus, auf das man in Münster sehr stolz ist und es als Aushängeschild bezeichnet. Über dem Eingang erinnert nur noch der Schriftzug Kettelerscher Hof an den Vorgängerbau.
Die Familie von Ketteler ist ein altes westfälisches Adelsgeschlecht, das aus Hüsten, heute Arnsberg stammt. Die Familie gliederte sich in verschiedene Zweige und hatte hohe Ämter als Bischöfe oder Herzöge von Kurland und Semgallen im Baltikum.
Ihr Landsitz war das Schloss von Ketteler, ein Barockbau, der der Öffentlichkeit nicht zugänglich ist, da er für private Zwecke genutzt wird.
Heeremannscher Hof

Heeremannscher Hof, Königstraße 47

Ein Stück weiter, Königsstraße 47, liegt der Heeremannsche Hof, ein Renaissancegebäude von 1549. Er ist der älteste, noch erhaltene Hof Münsters, wurde in der Spätgotik gebaut und später im Stil der Renaissance umgebaut. Früher lagen hier an der Königsstraße zwei Höfe des Freiherrn Heeremann-Zuydtwyk auf Surenburg nebeneinander. Der westliche Teil des Hofes entstand 1549, der vordere 1564. Der Hof wechselte über die Jahrhunderte öfters seine Besitzer, bis er in den Besitz der holländischen Familie Heeremann-Zuydtwyk auf Surenburg kam, die sich in Westfalen niedergelassen hatte.
Heute befindet sich darin das Verwaltungsgericht Münster.
Die Familie lebt auf Schloss Surenburg in Hörstel im Tecklenburger Land. Dieses Wasserschloss ist das bedeutendste weltliche Bauwerk des Tecklenburger Landes und gilt als besonders malerisch. Es ist nicht für Besucher geöffnet, so dass man es nur von außen ansehen kann.
Beverfoerder Hof
Gebaut wurde dieser Hof, eine idealtypische repräsentative, barocke Dreiflügelanlage, von 1699 bis 1702. Der Bauherr war Bernhard Engelbert Christian von Beverfoerde-Werries und der Architekt dieses wohl ehemals prächtigsten Hofes von Münster war der Baumeister Gottfried Laurenz Pictorius (1663 - 1729), genannt "der Jüngere", der auch Schloss Nordkirchen, das größte Wasserschloss des Münsterlandes, das Westfälische Versailles, baute. Auf Pictorius gehen ferner alle weiteren Höfe in Münster zurück, die nach dem Vorbild französischer Hôtels particuliers gebaut wurden: Der Merveldtsche Hof, der Korff-Schmisingsche Hof, die Landsbergsche Kurie, die Kettelersche Kurie und das Bischöfliche Palais.

Der mittlere Flügel, der Corps des logis, diente der Repräsentation, während der linke und der rechte Flügel, die Appartments privés, die Wohnbereiche jeweils der Dame und des Herrn waren.

Beverfoerder Hof, Königstraße 46
Von dem Beverfoerder Hof blieb nach Kriegszerstörung nur ein Seitenflügel im Original erhalten, den man auf den beiden Fotos sieht.
