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Porzellan - mein Töpferkurs und das weiße Gold Chinas

Wenn man sich mit China befasst, geht kein Weg am Porzellan vorbei. Neben Seide und Tee ist es eines der traditionsreichen Produkte des Landes, das zu dessen Reichtum führte. All das ist lange vorbei. Mit Porzellan wird man heute nicht mehr reich, aber China und Porzellan gehören einfach zusammen.

Was liegt also näher, als einen Töpferkurs zu belegen, um die Grundlagen der Porzellanherstellung zu lernen?

Gesagt, getan. Die Werkstatt für den Kurs befindet sich in einer kleinen Stichstraße der Shaanxi Road.

PWS Pottery Workshop Shanghai, China, Shaanxi Road
Der Pottery Work Shop in der Shaanxi Road

Im Zentrum Schanghais gibt es überall diese ruhigen Stichstraßen, die ganz nach chinesischer Compound-Art durch eine Einfahrt mit Pförtnerhäuschen von der Hauptstraße abgetrennt sind. Dort geht es beschaulich zu: Nachbarschaft, kein Durchgangsverkehr, kleine Gärten - alles etwas ungepflegt, aber die Nachlässigkeit hat Charme. Das Laub vom letzten Herbst liegt noch in den Gärten, die Blumen in den Töpfen sind vertrocknet und die abgestorbenen Blätter an den Palmen werden gar nicht erst abgeschnitten.

Diese Stichstraßen erinnern mich ein bisschen an die "Mews" in London, ebenfalls kleine Stichstraßen, die dort im 18. und 19. Jahrhundert angelegt wurden, um Ställe und Garagen für Droschken und Fuhrwerke in ihnen unterzubringen. Heutzutage sind diese Londoner Mews absolute Luxuswohngegenden. In Schanghai sind sie ebenfalls unbezahlbar, aber noch wohnen dort die ursprünglichen Bewohner mitten im Zentrum gelegen, trotzdem ruhig und überschaubar, fast nachbarschaftlich.



Katzen liegen schläfrig herum, Motorräder parken am Rand und während ich die Gegend erkunde, fällt mein Blick in Wohnungen, deren Kronleuchter und Gemälde auf stilsichere Bewohner schließen lassen oder ich sehe durchs Fenster eine alte Frau am Klavier, während ihr Mann am Tisch chinesische Kaligraphie übt.


Der Kurs


In einer dieser Stichstraßen liegt die Werkstatt, die verschiedene Kurse anbietet. Ich wähle das Töpfern an rotierender Scheibe. Vier Kursteilnehmer - drei Chinesinnen und ich - sowie ein chinesischer Lehrer machen sich daran, die Grundlagen an vier Samstagnachmittagen zu lernen.

Der Lehrer spricht so gut wie kein Englisch, aber man lernt sowieso am besten durchs Zugucken.



Anfängerglück hilft, um motiviert zu bleiben. Auf der rotierenden Töpferscheibe können die Dinge schnell außer Kontrolle geraten. Sobald der Tonklumpen, der zu einer Tasse werden soll, anfängt zu eiern, ist nichts mehr zu retten. Man muss sich konzentrieren und stets mehreres gleichzeitig im Auge behalten.



Es strengt an, stundenlang zu sitzen, vornüber gebeugt zu sein, sich zu konzentrieren mit nassen, matschigen Händen.

Nach der Arbeit folgt noch das Aufräumen und Putzen. Ich bin müde.


Am nächsten Samstag sind die Arbeitsschritte schon deutlich sauberer und nicht mehr so matschig. Die Objekte sind abgetrocknet und bekommen ihren Feinschliff: einen schönen Boden mit flacher Mulde, die die spätere Glasur auf der Unterseite schützt, alles wird geglättet und in eine schöne Form gebracht, der Henkel wird auch noch befestigt. Bei dieser Arbeit versinke ich wieder in Konzentration und strebe nach der perfekten, rund laufenden glatten Form. Fein säuberlich wird vom rotierenden Objekt abgeschliffen, die Arbeitsschritte erinnern mich ans Drechseln.






Die ersten Tassen und Teller sind fertig.

Die Rillen auf der Tasse sollen stilisierte Bambusstangen darstellen.


Der Kurs sollte eigentlich an vier Samstagen stattfinden. Aber der Corona-Lockdown unterbrach alles.

Mittlerweile bin ich wieder in Deutschland, die Töpferschule habe ich vor meinem Abflug nicht mehr gesehen.

Wenn ich nach China zurückkehre, wird voraussichtlich der Kurs fortgesetzt. Aber das alles steht noch in den Sternen.


Über Porzellan


Was ist Porzellan?


Porzellan gehört zu den traditionsreichsten Produkten Chinas. Deshalb wird es bei den Briten auch als "China" bezeichnet. Es wird aus drei Grundstoffen hergestellt: Kaolin, Quarz und Feldspat, die je nach Porzellansorte (z.B: Ostasiatisches Porzellan, Meißener Porzellan usw.) in einem bestimmten Verhältnis gemischt werden. Kaolin ist ein weißer Ton, der in Deutschland in Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, der Oberpfalz und vereinzelt im Westerwald und im Rheingau vorkommt. Das Mischverhältnis von Kaolin mit Quarz und Feldspat entscheidet über den späteren Härtegrad des Prozellans. Je mehr Kaolin der Mischung beigefügt wird, desto höher muss die Brenntemperatur sein und desto härter wird das Porzellan. Weichporzellan wird mit einem Anteil von ca. 25 % Kaolin bei niedrigeren Temperaturen mit 1200-1300 Grad gebrannt. Hartporzellan hat einen Kaolinanteil von über 50% und wird bei einer Temperatur um die 1500 Grad gebrannt. Bei dem Brennprozess verbinden sich kristalline, körnige und pulverige Strukturen miteinander. Der Feldspatbestandteil schmilzt während des Brennvorgangs und kristallisiert beim Abkühlen nicht wieder aus, so dass Porzellan - ähnlich wie Glas - eine unterkühlte Schmelze ist, die sich bei normalen Temperaturen im festen Aggregatzustand befindet. Das macht Porzellan in dünnem Zustand lichtdurchlässig.


Die Porzellanhauptstadt Chinas: Jingdezhen


Kaolin wurde bis ins 17. Jahrhhundert in Deutschland als Weißton oder Passauer Erde bezeichnet. Das heutige Wort Kaolin leitet sich von dem Namen des chinesischen Dorfes Gaoling ab, das in der südchinesischen Provinz Jiangxi liegt. Das Dorf gehört zur Stadt Jingdezhen und damit ist man schon bei dem bedeutendsten Ort der chinesischen Porzellanherstellung, in Jingdezhen. Dort wurden das Porzellan Chinas sowie seine keramischen Vorläufer schon seit der Han-Dynastie (202 v. Chr .- 220 n. Chr.) hergestellt. Im Jahr 1004 n.Chr. machte der Song-Kaiser Zhendong Jingdezhen zur kaiserlichen Produktionsstätte für Porzellan und seit tausend Jahren ist dies Chinas Porzellanhauptstadt.

In der Nähe der Stadt gibt es reiche Vorkommen des Weißtons, sowie den Fluss Changjiang für den Transport der Produkte, aber auch Wälder in den umliegenden Bergen, die Holz zum Befeuern der Brennöfen lieferten.


Ein Geschäft in der Shaanxi Road Nord/ Ecke Nanjing Road West in Schanghai, das ausschließlich Porzellan aus Jingdezhen verkauft.


Seit wann gibt es Porzellan in China?


Die Frage ist schwierig zu beantworten, denn schon die Definition von Porzellan variiert. In China unterscheidet man in heißgebranntes und kaltgebranntes Porzellan, während man in Europa kaltgebrannte Produkte als Keramik oder Steingut bezeichnet. Keramiken nach europäischer Definition gibt es in China schon seit 7000 v. Chr., von Porzellanen, die bei einer Temperatur von 1260 -1300 Grad gebrannt wurden, spricht man erst seit der Zeit der Östlichen Han-Dynastie, also um 100-200 nach Chr. Aus dieser Zeit gibt es archäologische Funde von Scherben, die bei über 1250 Grad gebrannt wurden, in der Provinz Zhejiang, die südlich von der Jangtse-Mündung gefunden wurden.


Porzellan im Schanghai Museum


Im Schanghai Museum, das im Park des Volkes (People's Park) liegt, gibt es viel antike chinesische Kunst zu sehen. Die Porzellanabteilung ist die größte im Museum. Daneben gibt es noch Bronzen, Skulpturen, traditionelle Malerei, Kalligraphie, Siegel-Schnitzkunst, Münzen, Jade, antike Möbel sowie Artefakte und Trachten der nationalen Minderheiten Chinas.

Man kann in diesem Museum die gesamte Geschichte des Porzellans in China verfolgen.

Hier nur ein paar wenige Bildinfos, Porzellan ist ein gigantisches Thema, bei dem der Erwerb einer Expertise eine Lebensaufgabe ist.



In der Porzellanabteilung werden tradtitionelle Töpferwerkstätten und Brennmöglichekiten gezeigt und genau beschrieben.


Außerdem gibt es kleine Modelle der Gegenden, in denen die Manufakturen angesiedelt waren. Es sieht ein bisschen aus wie eine Modelleisenbahnlandschaft.

Ausschnitt eines Modells einer Landschaft mit ehemaliger Porzellanherstellung.


Besonders niedlich habe ich zwei kleine Kinder in Erinnerung, die staunend über den Rand der Tischvitrine auf dieses Modell guckten.

In China werden Kinder sehr früh an die eigene Kultur herangeführt. Auch in meiner chinesischen Schülerschaft spüre ich eine tiefe Identifikation damit. In den Ferien war das Museum voll mit Kindern.

Typisches Produkt der Tang-Dynastie (7. Jahrhhundert), oft wurden Kamele und andere figürliche Darstellungen produziert. Das auffälligste Merkmal ist die dreifarbige Bleiglasur in Braun, Grün und Creme.

Seladon-Porzellan (960-1279) wurde hauptsächlich während der Song-Zeit hergestellt. Die grau-grüne Farbe entsteht durch die Reduktion von Eisen(III)-Oxid zu Eisen(II)-Oxyd während des Brennvorgangs. Dieses Porzellan entsprich unserer europäischen Definition von Steinzeug wegen der niedrigen Brenntemperatur. Während der Ming-Dynastie kam es schließlich bis nach Europa, wo es mit Gold aufgewogen wurde.

Anfang des 14. Jahrhunderts wurde die sogenannte Blau-Weiß-Ware besonders populär. Die Blütezeit dieses Stils wurde in der Ming-Zeit (1368-1644) erreicht. Das Dekor, eine Mischung aus Cobald und Wasser, wurde vor dem Brenn- und dem Glasurvorgang mit dem Pinsel aufgetragen Meistens war es floral, geometrisch und ornamental, später kamen figürliche Darstellungen hinzu, z.B: Drachen. Die bekannteste Adaption dieses Stils in Europa ist das Dekor des Meißener Zwiebelmusters.

Im Gegensatz zur Unterglasurmalerei in der Ming-Zeit, wurde in der Zeit von 1662 - 1796 der Periode der drei großen Qing-Kaiser (Qing-Dynastie: 644 - 1911) das Dekor auf die Glasur gemalt. Besonders auffällig ist die Ergänzung der Farbpalette. Es wird bunter. In den Motiven wandte man sich auch mehr gegenständlichen Darstellungen zu: Blumen, Vögel, Szenen aus der chinesischen Geschichte, Mythologie und Literatur usw.








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